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Donnerstag, 16. April 2015

Tag 7-8 - ANGRY-FACE!

Der letzte Abend in Kassel war ganz Nett. Nach dem der Schock überstanden war habe ich zumindest die Innenstadt ein wenig erkundet.

Da ich noch viel zu viel Energie hatte, bzw. einen Mangel an Bewegung, begab ich mich mit guter Musik auf die Jagd nach einem Kiosk. Es war kurz nach 8 Uhr, allerdings hat es gut eine halbe Stunde gedauert bis ich einen offenen Kiosk (!) gefunden habe.

Aus der Einsamkeit geboren hatte ich das Bedürfnis zu Rauchen und mir halbwegs einen hinter die Binde zu kippen und so ging ich in einem Laden in der Friedrich-Ebert-Straße, der mir wegen seines Namens beim Vorbeilaufen aufgefallen war.
Die Garage spielte zu meinem entsetzen jene Art von Musik bei der ich normalerweise sofort wieder gegangen wäre. Aus Mangel an Alternativen jedoch wollte ich aber zumindest der Havana-Cola eine Chance geben.

Ich las in dem Buch "Die Gesellschaft und das Böse" von Arno Plack weiter. Einem Buch an dem ich schon über 1 Jahr knabbere während ich meinen ersten Drink schlürfte.

Es geht in den gelesenen Kapiteln um Beziehungsformen in verschiedenen Gesellschaften und wie natürlich, bzw. auch wie unnatürlich manche von ihnen doch sind.
Als das genaue Gegenteil eines Beziehungsprofies konnte ich mich darüber sehr amüsieren.

Plötzlich überkam mich der Wunsch ganz (relativ) vielen Menschen per SMS mitzuteilen wie gerne ich sie habe und leerte dabei meinen zweiten Drink.
Nach dem 3. war mir dann aber so kalt dass ich zurück in die Herberge eilte.

Am nächsten Morgen, es war bewölkt, bereitete ich mein Fahrrad auf die nächste Etappe vor, zog die Kette straff und flickte einen 2mm tiefen Schnitt im Mantel mit Sekundenkleber. Nach einem Blick auf meinen Billigkompass brach ich Richtung Norden auf.
Ich irrte ein wenig umher und musste feststellen daß mein Kompass mir den Norden als Süden verkauft hat. Ja, das hat er manchmal (!), doch normalerweise merke ich anhand der Sonne wenn das der Fall ist.



Endlich wieder auf der R1 fuhr ich an der Fulda entlang und die erste Etappe (Melsungen) war hier noch 27km entfernt. Ein paar Kilometer später setzte mich das nächste Schild davon in Kenntnis dass sich die Entfernung nun um 2km auf 29km vergrößert hat. Ich war verwirrt, doch als ich an einem späteren Schild vorbeikam musste ich kurz rechnen: Melsungen 23km + Kassel 19km = 42km
Was war passiert? Ich habe noch keine nachvollziehbare Erklärung für die Ausdehnung gefunden, aber ich vermute daß Umleitungen (!) der Grund sind.

In Melsungen machte ich so dann auch meine erste Pause und entschied mich dafür auf der R1 an der Fulda entlang zu fahren obwohl mir der Kartenabschnitt zu großen Teilen fehlte (!).

Etwa 8km nach Melsungen riss mir dann eine Speiche am hinteren Laufrad.

Da war er, irgendwo im Nirgendwo, ein kurzer Moment der Orientierungslosigkeit. Ich habe kein Werkzeug um mit so einer Panne umgehen zu können, ich wusste nicht wo der nächste Fahrradladen war und konnte mit der Last nicht weiter fahren ohne Gefahr zu laufen meine Felge oder sogar die Schaltung (!) zu zerstören.

Ich würde an dieser Stelle gerne eine Stille einfügen nur damit man sich kurz in diese Situation einfühlen kann, aber zum Glück habe ich den erst besten Radfahrer angesprochen der mir entgegen kam (!).

Dieser Radfahrer kannte nicht nur den FUCKING besten Fahrradladen in dem ich jemals gewesen sein werde, sondern er hatte auch die Telefonnnummer. Dieser Laden ist in Melsungen, heisst Bischoff und ich hätte gut 6km zurückfahren müssen wenn mich Bischoff Sr. nicht mit seiner Karre abgeholt hätte. ABGEHOLT!
Doch damit nicht genug, mein Fahrrad wurde sogar direkt repariert und aus lauter Freude und Frust kaufte ich mir noch 2 neue Lenkergriffe (!).

So, nun habe ich etwa 2 Stunden verloren und eine unkalkulierbare Strecke vor mir.
YOLO, ich fuhr und fuhr, es wahr mittlerweile Abends und die Sonne stand hinter mir. Ich war allerdings so aufgewühlt daß ich das Gefühl hatte die ganze Nacht durchfahren zu können.
Als es dunkel wurde habe ich mir meine Kamera umgeschnallt und meine erste Nachtfahrt außerhalb von Hamburg gefilmt. Die Hitze und der Gegenwind sind unzähligen Fliegenschwärmen und dem Gestand von Gülle gewichen. Ich hatte das Gefühl richtig voran zu kommen.



Als ich mich endlich wieder auf der Karte wiederfand war es kurz vor 10 Uhr (Abends) und die Chance rechtzeitig noch einen warmen Schlafplatz zu finden gingen gegen Null. Ich fuhr noch in ein etwas entlegeneres Gebiet, baute mein Zelt auf und zog alle Klamotten an die ich dabei habe.
Im Zelt war mir dann so heiß daß ich erstmal die Hälfte wieder ausgezogen habe um mich ein wenig abzukühlen.

Irgendwann hatte ich dann alles wieder an, konnte aber nichts mehr gegen die Kälte tun. Nach etwa 4 Stunden "Schlaf" habe ich angefangen alles wieder einzupacken und war gerade rechtzeitig weg bevor der radfahrende Berufsverkehr anfing.
Da war ich froh. Ich habe endlich die R7 Richtung Lauterbach gefunden. Ich war aber immernoch so Kaputt und verkühlt daß mich das große M in Bad Hersfeld (!) sehr einladend anlächelte. Kaffee, "Fleisch" und "Rührei" haben diesen Morgen dann doch noch erträglich gestaltet.
Später, es war mittlerweile so warm daß ich oben-ohne fahren konnte, deckte ich bei Edeka mit Wasser und Wurst ein und gab mir noch eine kleine Packung M&Ms. Ich zog mein Unterhemd aus, trug Sonnenschutz Faktor 30 auf und fuhr weiter.

Ich weiß nicht mehr welcher Gedanke mich dazu brachte nach meiner Gürteltasche zu greifen, aber ich bin ihm dankbar. In diesem Moment nämlich stellt ich die Abwesenheit dieser fest. Papiere, Geld und Karten...
Das große P machte sich erst in meinem Kopf und dann im Rest meines Körpers breit. FUCK!
Ich wendete sofort und suchte am Fahrbahnrand, bedauerte kurz die Höhenmeter die ich schon gemacht habe und dachte FUCK, FUCK! FUUUUCK!
http://confettiman.deviantart.com/art/Angry-Face-2-214374922

2km Back-Tracking, doch keine Tasche. Immer noch oben-ohne stürzte ich in jeden Laden der auf dem Weg lag und fragte panisch ob eine schwarze Gürteltasche abgegeben wurde.
Erst Edeka, dann die Raiffeisenbank, dann ein Schlachter, dann noch ein Edeka (WTF?) und eine Sparkasse. Nichts, die Tasche wurde weder abgegeben noch an den Straßenrand gelegt. FUUUUCK!

Ich glaube ich habe fast geheult als ich daran dachte das ich erst 2 Tage zuvor noch mit dem Geld und danach mit dem Fahrrad gekämpft habe.
Ich dachte jetzt hätte ich doch endlich mal in Ruhe weiterfahren können, aber NEIEN!

Völlig aufgelöst habe ich ein paar Bewohner gefragt ob sie was gesehen hätten. Leider nein. Sie versuchten mich zu beruhigen aber die Gedanken um die Zukunft dieser Reise ließen mich nicht zur Ruhe kommen. Ich vertraute ihnen mein Gepäck an und und huschte den Berg/Hügel erneut hoch. Ich war positiv überrascht wie einfach es mittlerweile war ohne Ballast den Berg/Hügel zu nehmen; das war ein gutes Gefühl in einem, von der Panik verursachten, Sturm aus Traurigkeit, Wut, Angst, Frust, ...

... und da kam sie mir entgegen, meine Heldin, meine Retterin, meine... eine um die 60 Jahre alte Oma in ihrem blauen Koreaner, sah mich, fuhr langsamer bis sie kurz hinter mir zum stehen kam.
Als sie ausstieg lachte sie mich an und ich war den Freudentränen nahe. Nach dem sie mir die Tasche und mein Unterhemd, welches ich bis Dato noch gar nicht vermisst hatte, wiedergab wollte ich sie vor Freude in den Arm nehmen, aber sie wollte nicht (!)

Mittlerweile liege ich im Bett der sehr schönen Jugendherberge in Lauterbach mitten zwischen 4 Schulklassen und freue mich auf ein paar Stunden Ruhe.

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